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Der brave Landsturmmann auf Wacht.
Die Zeichnung aus einem Simplicissimus von 1915 zeigt einen ungewöhnlich gut ausge- statteten Landstürmer: In feldgrauer Mon- tur,darauf die blauen Schulterklappen der Landsturminfanterie, auf dem Kopf ein Tschako alter Art mit Überzug, bewaffnet mit dem Gewehr 98. Bart und Pfeife runden das „typische" Erscheinungbild des Landsturmmanns ab. Solche romatisierenden Darstellungen finden sich zu Beginn des Weltkriegs häufig, und die Kitschpostkarten von 1914/15 überbieten sich in anrührenden Motiven : Der Landsturmmann beim Abschied, auf einsamer Wacht, beim Teilen der Mahlzeit mit hungrigen Kindern im Feindesland, etc.
Sehr beliebt und bekannt sind auch die humor- istischen Darstellungen der dicken Landsturm- männer als quasi lebender Gegenbeweis zur Effizienz der englischen Hungerblockade. Aus historischer Sicht interessant hieran ist vor allem der Umsatnd, daß in den Uniformvor- schriften vor 1914 tatsächlich auf die in der Regel „gesetzteren" Herrengrößen des Land- sturms Rücksicht genommen wurde.
Die Organisation des Landsturms.
Aus Unkenntnis heraus wird vielfach assoziiert, daß der Landsturm des Weltkriegs mit dem Volkssturm des zweiten Weltkriegs Gemeinsamkeiten besäße- dem ist nicht so. „Volkssturm" ist eine Suggestivbezeichnung
aus dem NS-Propagandaministerium für das „letzte Aufgebot" von 1944,
bestehend aus mangelhaft ausgerüsteten und ausgebildeten Kindern,
Greisen und vormals u.k. gestellten Männern, die offiziell außerhalb der Militärorganisation stehend, von der NSDAP augestellt wurde. Das Äquivalent zum Landsturm des Weltkriegs findet sich zwischen 1939 und 1945 hingegen in den Landwehr- und Landsturmeinheiten, die im da-
maligen Sprachgebrauch als „Landesschützen" bezeichnet wurden, ob-
wohl in den Dokumenten- z.B: Im Wehrpaß- weiterhin die Begriffe
„Landwehr" und „Landsturm" verwendet wurden.Im Wehrgesetz des Kaiserreichs hingegen besteht eine Landsturmpflicht für alle männlichen Bürger vom 17. bis 45. Lebensjahr, und man unterscheidet den Landsturm ersten und zweiten Aufgebots. Im zweiten Aufgebot finden sich alle Männer, die a) nicht gedient haben oder b) aus Altersgründen vom Landsturm des ersten Aufgebotes eingetreten sind. Der Landsturm ersten Aufgebots ist dagegen noch ein ein Teil der Reserveorganisation, hier finden sich die älteren Reservisten.
Das kaiserliche Wehrpflichtgesetz sieht eine Dienstdauer von 2 Jahren ( Bei einigen Truppengattungen 3 Jahre) vor, und zwar waren die Rekruten bei Beginn des Wehrdienstes volljährig ( 21 Jahre).Nach dem Wehrdienst erfolgte die Überstellung in die Reserve ersten und zweiten Aufgebots , danach Landwehr ersten und zweiten Aufgebots, danach Landsturm ersten und zweiten Aufgebots- alles Altersabhängig. Der Landsturm des ersten Aufgebots ist zusammengesetzt aus Reservisten zwischen dem 39. und 45. Lebensjahr, der des zweiten Aufgebots aus den Reservisten, die das 45. Lebensjahr vollendet haben, und allen anderen ungedienten Männern sowie den Ersatz-Reservisten-
Männern, die zwar zu ihrer Zeit Wehrdienst hätten leisten müssen, aber aus wirtschaftlichen oder anderen Gründen u.k. (unabkömmlich) gestellt wurden.
Die Mobilmachung
Nach der Verfassung des Kaiserreichs sollte der Landsturm nur dann
mobilisiert werden, wenn der Feind im eigenen Land steht; dies folgte den vormaligen preußischen Gesetzen. Zuletzt wurde der Landsturm 1813 einberufen. Am 15. August 1914 wurde der Landsturm aufgerufen,
und zwar der Landsturm des ersten Aufgebotes, sowie die gedienten Teile des Landsturms des zweiten Aufgebotes, die aufgrund ihres Alters hierin versetzt waren. Darüber hinaus wurde mit dem Mobilmachungs- befehl auch an die gedienten, nicht mehr Mobilmachungspflichtigen
appelliert, sich freiwillig zu stellen:In gleicher Weise melden sich:
a) ehemalige Offiziere, Sanitätsoffiziere, Veterinäroffiziere und obere Militärbeamte des Heeres und der Marine sowie Zivilärzte und Zivilbeamte, die von dem Aufruf zwar nicht betroffen, aber zum freiwilligen Eintritt in den Landsturm bereit sind.
b) ehemalige Unteroffiziere des Friedensstandes des Heeres und der Marine, die von dem Aufruf zwar nicht betroffen, aber bereit sind, zum Dienst in Offizierstellen freiwillig einzutreten. Für ehemalige Unteroffiziere des Friedensstandes des Heeres und der Marine gilt dies nur insoweit, als sie mindestens acht Jahre aktiv gedient haben.
Der Landsturm von 1914-18 bestand also ausschließlich aus gedien- ten Männern, den älteren und ältesten Reservisten. Die Landsturm- einheiten wurden von den Armeekorps lokal aufgestellt. Die größte Einheit des Landsturms war 1914 das Bataillon (Batterie, Eskadron..);
ab 1916 wurden gelegentlich auch mehrere Bataillone zu Regimentern zusammengefaßt, wobei aber jedes Bataillon seine Stammnummer beibehielt. Am Kragen sollt ihr sie erkennen. Im Gegensatz zu den aktiven Regimentern, die auf den Schulterklappen ihre Regimenstnummer aufgestickt oder aus Tuch ausgestanzt und dann aufgenäht trugen, kennzeichnete die Landsturmeinheiten eine am Kragen getragene Nummer der Einheit, in Form aus (goldfarbenem) Metall gestanzter Zahlen.Eine einheitliche Kennzeichnung des Landsturms erfolgte erst 1915, als die bestehenden Einheiten einheitlich nach neuer Vorschrift gekenn- zeichnet wuirden:
Sie erhielten erstmalig Schulterklappen, ohne Vorstöße, in verschiedenen Farben, nach Waffengattung unterschieden. Dazu am Kragen die Nummer der Einheit in arabischen Zahlen, darüber in römischen Zahlen die Nummer des aufstellenden Armeekorps. Bis dato waren die Einheiten oftmals nur nach dem Aufstellungsort bezeichnet worden, z.B: Landsturmbataillon Hagen, Landsturmbataillon Coelln II, etc.Die Landsturmeinheiten wurden im Bereich der Wehrbezirke auf organisatorisch niederiger Ebene, z.B: Im Fall der Infanterie von der örtlichen Brigade, aufgestellt. Gelegentlich findet sich deshab auch bei Bildunterschriften u.ä. der Zusatz „ Aufgestellt von der XXten Brigade" .